🏅 Euro 24: Taktischer Rückblick mit Jan Henkel

max. 4:59 min Lesezeit.

Guten Morgen Fussball ❤️,

ich bin ehrlich: Ich habe diese ersten Zeilen während des gestrigen Endspiels mindestens fünf Mal neu begonnen. Das Spiel, die Konstellation, die Charaktere boten einfach zu viele Ansätze. Aber allgemeines BlaBla über Passquoten und Lamine Yamal gibt es auch in allen herkömmlichen Fußball-Medien.

Eines muss ich trotzdem kurz erwähnen. Da ist mir doch glatt ein “WTF” rausgerutscht. Ich wusste bis jetzt nicht, dass Price William der Präsident des englischen Fußballverbandes ist. Und das seit 2006. What?! 😳 High-Five, wenn du das wusstest. ✋

Hintergrund: Auf den zweiten Blick nicht mehr ganz so spektakulär. Die Präsidentschaft der FA ist ein Ehrenamt, das traditionell von einem Mitglied des britischen Königshauses bekleidet wird. Zu den bisherigen Präsidenten gehörten Skandalnudel Prinz Andrew und auch Prinz Philip.

Der Unterschied zum DFB beträgt schlappe 246.000 Euro. Allerdings muss man fairerweise sagen, dass Prinz William sein Amt komplett ehrenamtlich ausübt - DFB-Präsident Bernd Neuendorf arbeitet wohl mehr als 40 Stunden pro Woche.

Heute keine Top-Story, sondern 3 schnelle Fragen: Um die EM auch von unserer Seite aus abzuschließen, wagen wir heute noch einmal einen taktischen Blick auf die Europameisterschaft. Es war einiges dabei. Deshalb haben wir Jan Henkel von MagentaTV um seine Einschätzung gebeten.

Interessante Feinkost zum Wochenstart.

Happy Monday!
Auf geht’s ✌️

MEME OF THE DAY
DREI SCHNELLE FRAGEN

Euro 2024: Taktischer Rückblick mit MagentaTV-Experte Jan Henkel

Es ist geschafft - die Heim-EM ist vorbei. Es gab einige Highlights und Überraschungen. Eigentorrekord, viele Traumtore aus der Distanz, relativ wenig Tore nach Standards und und und. Es gab auch Mannschaften, die überrascht haben. Und genau deshalb wagen wir zum Abschluss der EM noch einmal einen taktischen Blick auf das Turnier. Jan Henkel ist Sportmoderator und Taktikexperte bei MagentaTV. Drei schnelle Fragen.

GMF: Gab es bei der EM taktische Innovationen oder Mannschaften, die durch ihr bestimmtes Spielsystem aufgefallen sind?

Jan-Henkel: Ja, es gab grundsätzlich ein System mit dem Ball, das viele Mannschaften gespielt haben. Sowohl Top-Mannschaften als auch Teams wie Slowenien, Slowakei und Georgien haben dieses System teilweise genutzt. Es handelte sich dabei um ein offensives 3-2-5. Diese fünf Spieler wurden auf die letzte Kette gestellt, sodass man gegen eine Viererkette Überzahl hatte. Viele Mannschaften haben dann mit einer Fünferkette verteidigt. Wenn man näher an den Strafraum kam, wurde aus dem 3-2-5 ein 2-3-5.

Besonders auffällig war, dass die Spanier dieses System oft verwendet haben. Sie spielten hinten mit den beiden Innenverteidigern 1 gegen 1 in der Restverteidigung, was extrem konteranfällig war, aber auch zeigte, dass sie Tore schießen wollten. Die Italiener haben das ebenfalls so gemacht. Interessant war, dass die beiden äußeren Spieler der fünf Offensiven sehr breit standen und teilweise weiße Schuhe trugen. Bei Italien waren das Chiesa und Di Lorenzo. Bei den Spaniern waren es entweder Williams und Lamin Jamal oder sie zogen in die Halbspur, während die Außenverteidiger wie Carvajal und Cucurella aufrückten. Es war faszinierend, wie sie dieses System umgesetzt haben.

Ein weiterer Aspekt war, dass Mannschaften, die so hoch standen und offensiv gespielt haben, sofort ins Gegenpressing gehen mussten, weil sie in der Restverteidigung offen waren. Dafür hatten sie aber auch viele Spieler ballorientiert direkt dabei. Dieses ‘Auffangnetz’ hat Italien gegen Albanien überragend gemacht. Im weiteren Turnierverlauf hat es dann nicht mehr so gut funktioniert, aber das war ein Hauptgrund für ihren Erfolg.”

GMF: Frankreich hat diese EM unheimlich effizient gespielt. Sie sind - ohne eigenes Tor aus dem Spiel - unheimlich weit gekommen. Sind es die starken Abwehrleistungen oder vermeintlich schwache Stürmer, die so etwas möglich machen.

Jan-Henkel: Das lag vor allem am Trainer, Didier Deschamps, der eine unglaubliche Disziplin in das Team gebracht hat. Er wurde nicht umsonst der ‘kleine General’ genannt. Er hatte die Superstars so im Griff, dass er von ihnen taktische und defensive Disziplin verlangte. Nur wer das brachte, spielte auch. Wer das nicht brachte, wurde nicht aufgestellt. In einem Spiel, ich glaube, es war gegen die Schweiz oder Portugal, haben sie sogar im 4-4-2 gegen den Ball verteidigt. Mbappé ging mit in die zweite Viererkette und hat dort mitverteidigt und ist angelaufen. Das zeigte, wie sehr Deschamps die Mannschaft im Griff hatte.

Die Franzosen gingen in jedes Spiel mit der Vorgabe, erstmal kein Tor zu kassieren. Sie hatten so viel individuelle Qualität, dass sie vorne sehr wahrscheinlich ein Tor machten. Das war ihre Grundphilosophie. Glücklicherweise hat im direkten Aufeinandertreffen mit Spanien das Team mit dem schöneren Fußball gewonnen. Das war wie ‘Die Schöne und das Biest’. Spanien hat offensiv den besseren Fußball gespielt, während Frankreich auf Effizienz und Defensive setzte. Es zeigt, dass manchmal auch die Offensive gewinnen kann, und ich hoffe, dass die Spanier die Europameisterschaft gewinnen, weil sie einfach den besseren Fußball gespielt haben. Das war der direkte Vergleich: die defensivstarken Franzosen, die auf Null spielen und auf ihre Chancen warten, und die offensiven Spanier.

GMF: Wir konnten bei der EM jetzt einige Elfmeterschießen beobachtet. Bei vielen Schützen war das starke Verzögern während des Anlaufs sehr auffällig. Hol uns mal ab: Welcher konkrete Vorteil entsteht dadurch und ist die verzögerte Ausführung wirklich effektiver als ein "normaler" Elfmeter? 

Jan-Henkel: Die neuen Regeln beim Elfmeterschießen waren hauptsächlich dafür da, es für den Schützen einfacher und für den Torhüter schwieriger zu machen. Man durfte jetzt verzögern und sogar stehen bleiben, solange der letzte Schritt eine flüssige Bewegung war. Das wurde natürlich ausgenutzt, weil je mehr man verzögerte, desto eher zeigte der Torwart eine Reaktion, die half, den Ball leichter einzuschieben.

Die Torhüter durften sich erst von der Linie bewegen, wenn der Ball gespielt wurde. Studien haben gezeigt, dass Spieler, die den Ball schnell schossen, eine höhere Fehlerrate hatten als diejenigen, die sich kurz Zeit ließen und dann schossen. Pep Guardiola hat das auch betont. Beim Supercup-Finale in Prag hat er den Bayern-Schützen gesagt, dass sie sich schon auf dem Weg vom Mittelkreis zum Punkt sicher sein sollten, wohin sie schießen wollten. Dieses mentale Festlegen half, Zweifel zu vermeiden und die Chancen zu erhöhen. Das hat damals auch funktioniert, die Bayern haben alle fünf Elfmeter verwandelt.

Diese Verzögerungstaktik und das mentale Training waren Schlüsselaspekte, die den Schützen halfen, ihre Chancen zu maximieren und den Torhütern das Leben schwerer zu machen.

NEWS CORNER

🇩🇪 Gibt es bei der EM taktische Innovationen oder Mannschaften, die durch ihr bestimmtes Spielsystem auffallen? (Kicker)

🇩🇪 Cucurella kritisiert deutsche Fans - „Tickets verschwendet“ (11Freunde)

🇩🇪 Regulierungswut der Uefa: Halbautomatisches Dingsda (TAZ)

🇩🇪 So arbeiten die Social-Media-Agenten der Fußballstars (Manager Magazin)

🇺🇸 TGI Sport acquires virtual advertising tech firm Supponor for ‘US$108m’ (SportsPro Media)

🇺🇸 Will Euro 2024 prompt players to re-evaluate the strength of the Saudi Pro League? (The Athletic)

🇺🇸 It hasn't been perfect - but Euro 2024 a success for all the right reasons (BBC)

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